Goeie Dag liebe Leser,
eine weitere Woche in Lavender Hill ist vergangen und ich merke, dass sich so langsam ein Alltag einspielt. Wir kommen bei der Arbeit gut klar und uns wird mit der Zeit ein bisschen mehr Verantwortung übergeben. Allerdings ist es bisher noch so, dass wir noch nicht so richtigen Kontakt mit lokalen Freiwilligen in unserem Alter hatten, weil viele jetzt aufgehört haben. Das ist auch eine der Sachen, um die ich unsere Vorgänger im Moment ein wenig beneide, da sie anscheinend viel mit lokalen Freiwilligen aus Lavender Hill gemacht haben und bisher sind bei uns nur sporadisch einige und da hat sich so etwas noch nicht ergeben.
Aber nun zur Wochenzusammenfassung.
Am Montag haben wir beim Aftercare einen Film geguckt. Da die Montessorischule in Plauen, Deutschland eine Partnerschaft mit der NWF aufbauen möchte, haben die Schüler Briefe an unsere Kinder geschrieben (davon habe ich vorher schon berichtet). Dazu haben sie eine DVD eingesandt, auf der die Schüler im Zusammenhang eines Projektes mit einem Medieninstitut einen Film über ihre Schule erstellt haben. Somit haben Julian und ich am Vormittag den Film nochmals angesehen und uns Notizen gemacht, damit wir den Kindern beim „Aftercare“ erklären konnten, worum es in dem Film geht, da dieser auf deutsch ist. Als wir ihn dann den Kindern am Nachmittag vorgespielt haben, schienen sie sehr interessiert, daran. Besonders interessant war, dass der Film im März 2011 entstanden ist und zu der Zeit Schnee in Plauen lag. Also haben die Kinder einen deutschen Winter gesehen und als dann im Film erzählt wurde, dass es zu der Zeit -4°C in Plauen gewesen seien, waren unsere „Aftercare-Kids“ schon sehr verwundert. Ich muss schon sagen, dass dieses Ereignis sehr interessant war, zumal gerade unsere Kids dann mal über den Tellerrand schauen konnten.
Am Dienstagmorgen hatten wir zunächst mal eine unangenehme Überraschung. Unser Auto ist nicht angesprungen, bzw. ist es ausgegangen, als ich den Rückwärtsgang eingelegt habe, um auszuparken. Uli hat zwar versucht das Problem zu beheben (die Zündkerzen waren feucht), aber selbst nach mehreren Anschleppversuchen ist der Wagen nicht angesprungen. Also musste Marius uns mitnehmen. In der NWF haben Julian und ich dann das Nachmittagsprogramm vorbereitet, denn heute sollten „Icebraker“ (=Eisbrecher, d.h. Gruppenspiele) auf dem Programm stehen. Eigentlich hatte ich verstanden, dass ich diese Einheit leiten sollte. Also habe ich den Kids den „Muffin Man“ beigebracht, doch dann hat Bruce noch eine Idee gehabt und danach haben die Kinder von sich aus Vorschläge gemacht. Das hat mich schon sehr beeindruckt. Besonders gefreut hat mich, dass eines der Kinder einen Enegiser gemacht hat, den Oli, unser Vorvorgänger, ihnen beigebracht hat und ich kannte ihn von ihm über die Vorbereitungsseminare beim NMZ („Pick Banana“, die NMZler werden sich erinnern).
Am Mittwoch hatte ich dann wie jede Woche Computerkurs. Dennoch habe ich Julian geholfen Schablonen auszuschneiden, da an diesem Tag Blumen für Dekoration gebastelt werden sollte. Nachher hat Julian mir dann berichtet, dass dies viel Spaß gemacht hat, da es wie in einer Fabrik gewesen sein soll. Die einen haben die Blüten, die anderen die Blätter ausgeschnitten und nochmals andere haben alles zusammengeklebt. Der Computerkurs ist gut verlaufen und die Schüler lernen echt schnell. Allerdings komme ich mir dort teilweise ein wenig überflüssig vor, denn Rukea, die Lehrerin, erklärt den Schülern, wie was funktioniert und wenn sie dann eine Aufgabe verteilt verschwindet sie in ihrem Büro und ich soll einfach umherlaufen und Fragen der Teilnehmer beantworten. Das Problem ist, dass die Schüler bis jetzt nicht besonders viel gefragt haben. Generell halte ich es für eine sehr gute Idee solche Kurse anzubieten, dennoch fühle ich mich bei der bisherigen Aufgabenverteilung ziemlich unterfordert.
Am Donnerstag war Julians und mein Tag beim Aftercare. Wir hatten ein Spieltheater vorbereitet. Wir haben die Kinder in Gruppen eingeteilt und allen Gruppen das gleiche Thema gegeben (Heiratsantrag). Diese Situation sollten die Gruppen dann in verschiedenen Genres (Musical, Pantomime, Theater, Sport Reporter) vorspielen, wobei jede Gruppe ein Genre gezogen hat. Als es dann jedoch ans arbeiten ging, hatte ich den Eindruck, dass die meisten Kinder das Thema gar nicht verstanden haben und auch mit den Genres konnten sie nicht besonders viel anfangen. Somit ging die Arbeit sehr zäh voran und als es zu den Präsentationen kam, hat man gemerkt, dass es den Kindern sichtlich schwer gefallen ist. Auf Grund dieser Tatsache, haben wir am Ende noch einen Sitzkreis gemacht in der jeder seine Meinung zu dem Spiel sagen sollte. Dabei sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass es wahrscheinlich das falsche Thema gewesen ist, dennoch hat Bruce die Kinder heftig beschuldigt, dass sie nicht vernünftig mitgearbeitet haben. Er hat schon teilweise Recht gehabt, allerdings hätten wir auch einiges besser machen können. Am Ende waren Julian und ich uns dann einig, dass die Aktion auf jeden Fall eine Erfahrung war, die uns neue Erkenntnisse gebracht hat. Zudem hat Elvira (sie hilft ab und zu mal beim Aftercare) uns Mut zugesprochen und erklärt, dass die Kinder es in Lavender Hill nicht kennen, dass ihre Eltern verheiratet sind, da oftmals das Geld fehlt, um zu heiraten.
Am Freitag hatten Julian und ich mit Zain, Bruce und Ferushka ein Youth Meeting, in dem wir über den Stand bei den Jugendangeboten gesprochen und anstehende Ereignisse besprochen haben.
Am Nachmittag war dann Boys Club, wo „Bring your friend day“ war. Am Ende sind immerhin vier neue dort gewesen, sodass wir ab jetzt hoffentlich elf Kinder haben. Am Abend hatten wir dann noch ein ziemliches Abenteuer auf der Farm. Gegen 20.00 Uhr ist der Nachtwächter zu uns gekommen und hat gesagt, dass es direkt vor der Farm brennt. Also habe ich die Feuerwehr gerufen, die sich dann sofort auf den Weg gemacht hat. Da es an diesem Tag sehr windig war ist das Feuer auch auf das Farmgelände gekommen, allerdings war es noch weit genug von unseren Häusern entfernt. Das Problem war nur, dass Uli und Elvira nicht anwesend waren. Sie sind erst angekommen, als das Feuer schon auf unserem Gelände war und als die Feuerwehr schon da war. Zudem ist noch Jan de Wal, der Direktor der NWF gekommen. Er war ziemlich wütend über die Situation, dass Uli und Elvira nicht auf der Farm waren, da es sich anscheinend um Brandatiftung handelt, denn vor unserer Farm ist eine Wiese, wo öfter mal Leute sind und rauchen oder kiffen und dann haben sie wohl eine Zigarette hingeschmissen. Wir hoffen einfach, wenn es zu einer Aussprache zwischen Jan und Uli und Elvira kommen sollte, dass es nicht zu der schlimmsten Lösung kommt, was heißt, dass jeden Tag rund um die Uhr Farm Duty sein soll. Dies kann ich aber nicht nachvollziehen, da wir ja einen Nachtwächter haben. Naja, die Situation ist nicht so einfach.
Am Samstag war Feiertag in Südafrika, nämlich Heritage Day. Dieser wird heutzutage zum National Braai Day umfunktioniert. Also sind wir nach Kalk Bay, einem Nachbarort, gefahren. Dort waren einige nette Geschäfte und an einem Strand unter einer Eisenbahnbrücke haben auch noch einige Südafrikaner gegrillt. Im Prinzip wurde auf einem öffentlichen Platz privat gegrillt, was sehr nett anzusehen war. Allerdings habe ich auch am Ende des Tages wieder gemerkt, dass wir anscheinend oft die „Welten wechseln“. In Kalk Bay waren sehr viele Touristen unterwegs und auf der Farm waren wir dann wieder von Townships umgeben. Dieses wird uns wahrscheinlich noch öfters passieren. Am späten Abend sind Julian und ich dann nochmal kurz nach draußen gegangen und da haben wir dann zum ersten mal anscheinend selber Schüsse gehört (zumindest hätten es gut Schüsse sein können). Dieses Ereignis hat mich schon ein wenig zum Nachdenken gebracht. Dennoch regen mich im Moment die Gangs in der Gegend hier ziemlich auf, da wir im Zuge des Ferienprogramms planen mit den Kindern auf der Straße zu spielen. Das Problem ist nur, dass die NWF den Kindern einen sicheren Platz geben will, daher steht dieser Programmpunkt nicht ganz so fest. Meiner Meinung nach können sich die ganzen Gangster von mir aus abschießen und totballern bis auf den letzten Mann nur dann sollen sie bitte die Zivilbevölkerung daraus halten. Leider ist dies nicht so einfach wie ich es gerne hätte.
Am Sonntag hatten Julian und ich diesmal Farm Duty nur dieses Mal wurde uns ab 14.00 Uhr netter Weise von den Freiwilligen aus Mfuleni Gesellschaft geleistet, was das ganze schon angenehmer gemacht hat, denn wir haben Zwischen den Rundgängen in der Sonne vor unserem Haus gesessen und Karten gespielt und teilweise wurden wir echt um unsere WG beneidet.
So das war jetzt auch ein weiterer Wochenrückblick. Ich bin auf Eure Reaktionen und Fragen gespannt.
Liebe Grüße
Henning